Mittwoch, 29. November 2017

1920 - Radierung Kreuzgang im Dom zu Regensburg von Peter Halm



Halm, Peter. - "Kreuzgang im Dom zu Regensburg".
Radierung / Strichätzung & Kaltnadel, mit Plattenton, auf Van-Gelder-Zonen-Bütten, 1920. Von Peter Halm. Auflage Exemplar Nr. 1/100. 19,3 x 26,5 cm (Darstellung / Platte) / 31,5 x 48 cm (Blatt).

Rechts unten in Bleistift signiert. Links Auflagenbezeichnung.

Peter Halm (1854 Mainz - 1923 München).

entdeckt auf ebay, angeboten von "grafikliebhaber"

1911 - Radierung St. Emmeram von Peter Halm



Radierung von 1911, auf Büttenpapier, Von Peter Halm. 14,0 x 17,6 cm (Darstellung / Platte) / 21,5 x 27 cm (Blatt). Rechts unten in Bleistift signiert. Verso fremd bezeichnet.  Entdeckt auf ebay

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Halm
Peter Halm, 1854 bis 1923

Sonntag, 26. November 2017

Regensburg in Der Ochsenkrieg von Ludwig Ganghofer



Der Ochsenkrieg von Ludwig Ganghofer - Text im Projekt Gutenberg
Kapitel 22 f, mit Handlung in Regensburg

  • Der Ochsenkrieg - Roman aus dem 15. Jahrhundert ist ein 1914 erschienener historischer Roman von Ludwig Ganghofer.Der Peter Rosegger in Verehrung gewidmete Roman spielt im Berchtesgadener Land und erzählt die Geschichte des Ramsauer Bauern Runotter und seiner Tochter Jula im Konflikt zwischen dem Kloster Berchtesgaden und den Ramsauer Bauern.
Das Buch ist im Todesjahr 1920 erschienen, spielt aber im Jahr 1420. Ganghofer hatte mehrere historische Romane aus dieser Zeit von 1420 geschrieben, offenbar war er darin bewandert.

Das Buch zeigt nicht nur unglaubliche historische Kenntnisse von bayerischen Geschichte, sondern auch von Regensburg. Das Buch überrascht, weil die trivialen Formulierungen fehlen, wie man sie  in seinen Heimatromanen findet. Es ist ein nüchterner, historisch-beschreibender, eher deprimierender und stellenweise brutaler Roman, der die Sinnlosigkeit des Kriegs (am Beispiel des Bayerischen Kriegs) und die Mühseligkeiten der damaligen Zeit (inkl. Pest und Flüchtlingsproblematik) aufzeigt.

Ich begann ursprünglich nur aus Interesse an der Schilderung Regensburger Orte  zu lesen, mit wenig Erwartungen bezüglich des literarischen Gehalts,  und war dann zu meiner Überraschung tagelang in diesen vier Kapiteln gefangen.


Der Protagonist des Romans (ein gewisser "Malimmes") begibt sich nach der letzten Schlacht im "Bayerischen Krieg" nach Regensburg, wo gerade König Sigismund erwartet wird (und nebenher tausende von Kriegsflüchtlingen vor den versperrten Stadtmauern harren und murren); Regensburg hatte gerade die Schweine durch die Straßen getrieben und auch ansonsten die Stadt festlich geschmückt. man wollte "seinen" König sehen.

König Sigismund war dt. König 1411-1437. König Sigismund erzwang im Oktober  1422 in Regensburg einen vierjährigen Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Parteien des Ochsenkriegs, der soviel Leid verursacht hatte, und der Kulisse für die ersten zwanzig Kapitel des Buchs bildet.


Eigentlich waren es die Parteien des übergeordneten  Bayerischen Kriegs, und diese Parteien treten auch in dem Kapiteln in Regensburg auf:  die miteinander verwandent Herzog Ludwig (Herzog von Bayern-Ingolstadt, manchmal nur Herr Ludwig und manchmal "der Ingolstädter" genannt) einerseits gegen Herzog Heinrich (Herzog von Bayern-Landshut; Bayern war damals in 4 Teile gespalten) andererseits. 

Wenn also von Ludwig oder Heinrich die Rede ist, sind diese Parteien gemeint. Der ebenfalls auftretende "Markgraf", beim ersten Auftauchen noch mit vollem Namen genannt (Friedrich von Zollern), der als Burggraf  von Nürnberg und frisch erkorener Markgraf von Brandenburg bezeichnet wird), ist ein zwischen den Parteien stehender Verwandter; er war bis 1420 wirklich Burggraf von Nürnberg, danach Markgraf von Brandenburg, in Wikipedia auffindbar unter Friedrich I. von Brandenburg.


Diese Zusammenhänge muss man kennen, damit man die Handlung in den letzten Kapiteln versteht. Es kann sein, dass man im Jahre 1920 die beiden Kriege nicht so direkt unterschieden hat.



Ganghofer, der den Roman 1920 schrieb, scheint sehr sehr gute Kenntnisse von den Parteien im Krieg von 1420, deren Verwandschaftsbeziehungen, deren Interessen und Hintergründe gehabt zu haben, wie die Gespräche in den letzten Kapiteln zeigen. Eigentlich dürfte er einen durchschnittlichen Leser überfordern, sofern der keine geschichtlichen Kenntnisse hat. Aber das scheint ihn nicht gekümmert zu haben, jedenfalls erweckt das Buch diesen Eindruck bei mir.

Außerdem hatte er erstaunliche Kenntnisse über die Regensburger Örtlichkeiten des Jahres 1420, die Gepflogenheiten und viele anderen Details. Auch hier beschreibt  er die die Örtlichkeiten mit einer Selbstverständlichkeit, als wenn der Leser aus dem Jahr 1420 und nicht aus 1920 stammt. Selbst ein durchschnittlicher Regensburger, der bei Erscheinen im Jahre 1920 das Buch las, dürfte gerätselt haben, wo das Wallersche Haus, das Gumprechthaus, oder wo das Latron und das dort befindliche Frauenhaus ist.  Denn kaum jemand hatte Zugriff zu den Chroniken von Theodor Gmeiner, einen "Karl Bauer" gab es auch nicht, und im Internet konnte man auch nicht recherchieren.  Ganghofer gibt sich aber keine Mühe, die Örtlichkeiten weiter zu beschreiben, was durchaus einfach gewesen wäre.

Überhaupt: Ganghofer  muss in seiner Gymnasialzeit in Regensburg gute Geschichtskenntnisse über das alte Regensburg erworben haben.

Zur Erklärung der genannten Beispiele: das Latron nannte man das Gebiet südlich der Alten Kapelle (die Kirche am Kornmarkt); dort hatte, laut Theodor Gmeiner, die Stadt ihr offenbar städtisches Bordell an einen Wirt verpachtet. Das Haus der Kaufmannsfamilie Waller war in der Wahlenstraße (beim Goldenen Turm), das Gumprechthaus ist das Haus in der Neue-Waag-Gasse 1, gegenüber der Galerie. Es kommt u.a. noch das Siechenhaus St. Lazarus vor, das im heutigen Stadtpark lag, und auf allen alten Stichen von Regensburg auftaucht. In einer der letzten Szenen schleppt der Protagonist ohne Angst um seine eigene Gesundheit einen am Haidplatz zusammengebrochenen Pestkranken zum Jakobstor, auf dem Weg zum Siechenhaus. Dort wurde er selbst zur Beobachtung festgehalten und starb nach ein paar Tagen.

Dass das zentrale Thema die Sinnlosigkeit des Kriegs ist (der also nicht nur Kulisse für eine persönliche Geschichte sein soll) zeigen die letzten Kapitel immer deutlicher, und in Kapitel 25 gibt es eine interessante Stelle. Dort wollte der König mit dem Volk am Haidplatz den geschlossenen Frieden feiern, als ein einfacher Mann sich protestierend zu Wort meldet; ein Mann, der  zu Beginn der Geschichte vom ausbrechenden Krieg betroffen war, und dies zu Wort bringen will. Der König lässt ihn die Geschichte vortragen, deren Quintessenz lautet:

Siebzehn Ochsen! Siebzehn Ochsen! Und Volk und Reich geschädigt und zerrüttet, die Zeit zurückgeworfen um Jahrzehnte und bedrückt durch blutende Verluste, weite Länder bis zum Grauen verwüstet, Städte zerstört, Burgen gebrochen, zahllose Dörfer in Asche verwandelt, die Münze verschlechtert, alles Gut entwertet, Arbeit und Handel erdrosselt, hunderttausend Menschen verarmt und viele Tausende erschlagen, erwürgt, erstochen, verbrannt, vergiftet von Seuchen, verfault und verstunken! Und siebzehn Ochsen! Siebzehn Ochsen!

Das Buch als Antikriegsbuch? Das ist deshalb erstaunlich, weil sich Ganghofer zu Beginn des 1. Weltkriegs noch patriotisch und kriegerisch geäußert haben soll. Und weil er nicht kriegstauglich war, hat er sich als Kriegsberichterstatter gemeldet und auftragsgemäß zwei Jahre lang berichtet - und zwar in patriotischem Stil, also eher verherrlichend.

Aus einem Brief an seinen Freund Thoma weiß man allerdings, dass er durch die Erlebnisse in dieser Zeit als Kriegsberichterstatter einen Schock bekommen hat, und dieses Thema scheint ihn in späten Jahren, (das Buch erschien 1920, seinem Todesjahr) sehr beschäftigt zu haben. Das sind jedenfalls meine Schlussfolgerungen; Sekundärliteratur zum Ochsenkrieg fand ich auf die Schnelle keine.



Hier ist der Text ab Mitte von Kapitel 22 bis zum Ende des Buchs, also Kapitel 25, entnommen aus "Projekt Gutenberg", wo gemeinfreie (urheberrechtsfreie) Werke zu lesen sind:


Kapitel 22; dort ab Ankunft in Regensburg:


Um die Mittagsstunde, als die Scharen der Wandernden immer dichter
wurden, sah man von einer Waldhöhe in das liebliche Tal der Donau
hinunter, das zärtlich begleitet war von lind geschwungenen Hügeln und
herbstlich gefärbten Buchenwäldern. In ihrer Mitte, wie ein feiner Kern
in der Schale, lag das von Mauern und Wällen umschlossene Dächergewirre
der freien Stadt mit schlanken Kirchturmspitzen und plumpen
Streittürmen.


Ein dumpfes Murren von Bumbardenschüssen und ein sanft verschwommenes Tönen vom Geläute vieler Glocken.


Es war zu der Stunde, in der die edlen Geschlechter und der große und kleine Rat von Regensburg
mit Pomp und Jubel ausrücken wollten, um auf der Nürnberger Straße den
König Sigismund und die Königin Barbara feierlich einzuholen.


Den deutschen König, den Kaiser zu empfangen, hatte die alte,
freie Donaustadt sich schön gemacht mit Gewinden der letzten
Herbstblumen, mit bunten Tüchern und wehenden Fahnen.


In den letzten Nächten hatte man große Schweineherden durch die
Stadt getrieben, damit die braven, für Reinlichkeit sorgenden Tiere
alles verschlingen möchten, was bequeme Bürgersfrauen an üblen Dingen
aus ihren Fenstern auf die Straße zu werfen pflegen. Und was die
Schweine zu entfernen verschmähten, wurde in fleißiger Nachlese von den
ruhelos umherwandernden Buttenknechten gesammelt.